Vom Glück des Sammelns

WDR5 Neugier genügt – Redezeit

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Villa Rot und inter!m

Die Ausstellung im Museum Villa Rot ist zu Ende und es ist Zeit zu zählen. Insgesamt kamen 550 Tücher dazu. Viele in der Ausstellung im Museum, aber auch schon vorher bei inter!m Kulturhandlungen auf der Schwäbischen Alb in Münsingen. Weitere Tücher trafen per Post ein. Jetzt ist das Projekt auf insgesamt 7097 Tücher gewachsen.

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Ganze Stapel, Pakete und Handtaschen voll wurden gestiftet. Mit wunderschönen und besonderen Tücher. Man kann gar nicht alle zeigen und aufzählen, aber ein paar Highlights sollen doch herausgehoben werden.
Viele der Tücher sind liebevoll beschriftet und mit Zeichnungen versehen. Auf manchen finden sich kreative Sprüche:
Auf einem Tuch steht: „dieses Taschentuch mußte ich im Handarbeitsunterricht anfertigen – schrecklich! Note: 4+“. Dabei zeugt das Tuch doch von ehrlichem Bemühen. Eine Bogenkante außenrum und in einer Ecke ein kleines Löchermuster, dazu ein Monogramm.
Ein anderes: „Ich schließe mich den 11.000 Jungfrauen die „auf dem Meer Kurzweil trieben“, wie die Legende berichtet, an.“ Aha, wusst ich auch noch nicht.
Ein Tuch ist beschriftet mit der Frage: Wo bleibt die Gleichberechtigung?, unterschrieben von einem Mann und seiner Frau. Tja, eine berechtigte Frage. Warum nehmen wir keine Männer? Weil es in der Legende heißt: „Ursula und ihre 11.000 Jungfrauen“. Wir finden es schadet nicht, wenn es mal ein Projekt gibt, das den Frauen und ihrer Kraft gewidmet ist. Weder in der Welt noch in unserer Gesellschaft gibt es bereits wirklich Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern. Also verschaffen wir den Frauen in diesem Fall einen Vorteil. Übrigens werden die Taschentücher, die Männern gewidmet sind, nicht weggeworfen. Sie kommen in eine kleine Männerhandtasche aus den 1980er Jahren und liegen als ungezählte, unerwähnte Begleiter dabei. Ist doch als Rolle auch mal schön.

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Viele Tücher sind bestickt. Insgesamt mehr als 60 Stück sind bestickt. Wie fleißig! Oft der komplette Name, manchmal nur Anfangsbuchstaben. Ein Name ist sogar in Kreuzstichen gestickt, einem anderen wurden die Gesichtszüge der aufgedruckten Prinzessin aus dem Märchen des Froschkönigs nachgestickt. Klasse.

Andere sind lustig bedruckt und liebevoll ausgesucht. Manchmal ist der Name auf witzige Weise in den Druck eingefügt. Außerdem gibt es gestickte, denen man die Handarbeit deutlich ansieht und dass es nicht ganz einfach war. Und es gibt ein paar wenige, die sehr gekonnt und professionell gearbeitet sind – aber alle sind wunderschön. Ungewöhnlich sind zwei Tücher aus hautfarbenem Crepestoff, der mit einer breiten beigefarbenen Spitze umnäht ist. Es sind nur zwei kleine Rechtecke und man fragt sich, wozu die zwei Tüchlein ursprünglich dienten. Sie sehen aus wie ein Teil von Unterwäsche. Bei den bedruckten fallen zwei Stück ins Auge, die mit Eulen im Batik-Stil bedruckt sind, in psychodelischen Farben. Hui.

Die Sammlung im Museum Villa Rot in Burgrieden bei Ulm und in Münsingen auf der Schwäbischen Alb ist regelreicht ein eigenes Projekt geworden. Immer wieder finden sich solche Gelegenheiten das Projekt zu zeigen und weiter zu führen und an denen die Sammlung der „Elftausend für Ursula“ eine besondere Form annimmt. Krönender Abschluss war hier die Ausstellung Die Sprachen des Textilen, in der die Tücher zusammen mit Kunstwerken anderer Künstler und aus weiteren Projekten gezeigt wurden. Sie waren in einem Raum zu einem Quadrat ausgelegt und dazu gab es fünf der gefüllten Koffer zu sehen.

Im Museum bestand auch die Möglichkeit direkt ein Tuch vor Ort zu widmen. An dieser Stelle dem Museumsleiter der Villa Rot und Kurator der Ausstellung Marco Hompes herzlichen Dank für die unkomplizierte und inspirierende Zusammenarbeit. Außerdem auch besten Dank an die gelungene Organisation der Projekte auf der Schwäbischen Alb bei inter!m Kulturhandlungen Schwäbische Alb durch Sarah Baltes und Marie-Hélène Nille-Hauf.


Museum Villa Rot – Burgrieden bei Ulm

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Die Sammlung geht weiter in der Ausstellung Die Sprachen des Textilen im Museum Villa Rot. Unter dem Link finden sich die Informationen zur Ausstellung.

Der SWR hat einen schönen Beitrag über die Ausstellung gesendet unter dem Titel Kleider machen Leute. Sehenswert.

In Münsingen wurden bei inter!m sage und schreibe 198 Tücher gesammelt, also fast 200. Es sind sogar gestickte dabei.

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Hier der Museumsdirektor und Kurator Marco Hompes bei der Installation. Man sieht wie die Heiligkeit ihn erleuchtet.

Marco Hompes

Von den bisher gesammelten Tüchern wurden fünf Koffer voll nach Burgrieden in das Museum Villa Rot verschickt. Sie sind in grünen Folienstoff eingenäht, damit sie heil und wohlbehalten ankommen.

 


inter!m – Münsingen

inter!m — Kulturhandlungen Schwäbische Alb

Elftausend für Ursula

Am Sonntag 7. Mai öffnet die Geschäftsstelle der inter!m – Kulturhandlungen im Rahmen des Kunst- und Gartenmarkts ihre Pforten. Von 11 bis 17 Uhr sind Sie herzlich eingeladen den aktuellen Künstler Walter Bruno Brix, seine beiden künstlerischen Arbeiten „11.000 für Ursula“ und „The Big Red Curtain“ kennenzulernen. Außerdem können Sie sich selbst an diesen Kunstaktionen zu beteiligen!

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Die Legende der heiligen Ursula ist eng mit der Stadt Köln verknüpft, da an diesem Ort ihr Martyrium stattfand. Ursula soll eine bretonische Königstochter des 4. Jahrhunderts gewesen sein, die vor ihrer politisch bedingten Heirat eine Pilgerreise machen wollte. Sie durfte 10 Freundinnen mitnehmen und jede der Damen hatte wiederum 1.000 Begleiterinnen, so dass die stattliche Zahl von 11.000 Jungfrauen zusammenkam. Die Frauen schifften sich ein und besuchten Rom, von wo sie den Papst auf ihrer Weiterfahrt nach Köln mitnahmen. Dort wollte man die Gebeine der Drei Heiligen Könige anbeten, die Christus gesehen und verehrt hatten. Vor Köln lagerten jedoch die Horden der wilden Hunnen, welche die Stadt bisher erfolglos belagert hatten. Die Schiffe mit den unschuldigen und wehrlosen Jungfrauen waren ihnen hilflos ausgeliefert. Die Hunnen töteten alle, bis auf die Königstochter Ursula, die den Prinzen des Klans der Hunnen ehelichen sollte, um am Leben zu bleiben. Was sie ausschlug. Woraufhin sie mit einem Pfeilschuss getötet wurde. Die letzte der Begleiterinnen – Cordula -, die versteckt in einem Schiff am Leben geblieben war, lieferte sich nun ebenfalls den Hunnen aus. Nachdem sie ihre blutigen Taten begangen hatten, zogen die Hunnen ab und die befreiten Kölner begruben die Dahingegangenen ehrenvoll.

Dann gibt es in der Geschichte einen Sprung. Jedenfalls wurde später bei einer Erweiterung der Stadt Köln ein großes Gräberfeld entdeckt, dessen unzählige Knochen man erfolgreich als Überreste von Ursula und ihren 11.000 Jungfrauen identifizierte. Für Köln mit den vielen Pilgern die kamen, um die Gebeine der Heiligen Drei Könige zu verehren, ein Glücksfall. Der Bedarf an Reliquien war immens hoch in dieser Stadt. Die dankbaren Kölner verewigten die Elftausend Jungfrauen mit elf schwarzen Tränen oder Flammen und die Drei Könige in Form ihren Kronen im Stadtwappen.

Die facettenreiche Legende wurde in Gemälden wie geschnitzten Figurengruppen verewigt und diese sind bis heute Gegenstand der Verehrung. An vielen Orten weltweit finden sich Hinweise auf Ursula und ihre Begleiterinnen, wie das Elftausendjungferngässlein in Basel, die Junglerninseln in der Karibik, das Kap der Jungfrauen am Eingang der Magellanstraße, die Stadt Oberursel im Taunus und auch in der Nähe von Münsingen. In Anhausen steht die 1798 erbaute Kapelle zur heiligen Ursula.

St. Ursula Kapelle Anhausen, Kreis Münsigen

St. Ursula Kapelle Anhausen, Kreis Münsigen

Um die Legende der heiligen Ursula in unsere Zeit zu holen und um ihr sichtbare Präsenz zu verleihen, wurde das Projekt ‚Elftausend für Ursula‘ ins Leben gerufen. Ein Sammlung von 11.000 Taschentüchern mit Unterschriften von Frauen, bzw. mit den Namen von Frauen. Dabei handelt es sich um Stofftaschentücher, auf die der Name gestickt wird. Es ist aber auch in Ordnung, den Namen mit einem wasserfesten Stift zu schreiben. Jeweils ein Taschentuch soll einer Frau gewidmet sein, so dass die 11.000 Begleiterinnen Wirklichkeit werden.

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Bisher sind schon über 6.000 Tücher weltweit gesammelt worden. Wie viele mehr werden es wohl in Münsingen? Kommen Sie bei ihrem Gang über den Kunst- und Gartenmarkt auch bei uns vorbei und beschenken sie Walter Bruno Brix mit einem Taschentuch samt Frauenmonogramm, im Austausch natürlich gegen ein belebendes, kleines Gläschen Sekt!

Reigugga, lose ond mitmache.


Lipperland

Mai 2015

Wieder mal ist ein schönes Päckchen bei mir angekommen. Jedes Taschentuch mit einem Namen und dazu einen netten Brief.

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Nun sind wir bei einer Gesamtzahl von 6519 Taschentüchern.


Noch mehr Kiel

November 2014

Und das auch noch:

Ein Tuch von Lena, einer Freundin von Nina war dabei. So schön bestickt.


Kiel

November 2014

Heut kam das Glück zu mir – vom Glückslokal. Kein Glückskeks, sondern ein Paket mit Taschentüchern. Gesendet wurde das Ganze durch die wunderbare Nina aus Kiel.

Kiel Glueckscafe

Es sind erstaunlicherweise 50 Taschentücher zum Weitergeben und drei mit Monogramm, die in die Sammlung kommen.

Herzlichen Dank also nach Kiel.


Schweiz

August 2014

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Katharina hat die Tücher selbst gewebt für die Frauen ihrer Familie.

Jetzt sind es 4682 Taschentücher insgesamt.


Aschaffenburg

Juli 2014

In Sammlungen von Tücher finden sich oft welche mit solchen aufgenähten Namenszettelchen. Gewebt in rot oder blau auf weiß. Die stammen wohl manchmal aus dem Altersheim, damit man die Taschentücher nach der Wäsche wieder zuordnen kann. Ein etwas trauriger Umstand, meist bedeutet es ja, dass diese Person nicht mehr lebt, wenn das Taschentuch irgendwo hin kommt. Aber wir wollen es lieber positiv sehen, so gibt es wenigstens eine Erinnerung.                                                                    Damit sind es nun 6473 Tücher.

zwei Stück


Köln – memorial project

6. Juno 2014 – memorial project

Ein Beitrag zu den ‚elftausend‘, der in sich ein eigenes Projekt bildet.

„Die einundzwanzig Taschentücher zeichnen einen Teil der Familiengeschichte nach. Die Geschichte der Frauen der Familie. Der Freundinnen, der Frauen, die uns in unserer Kindheit umgeben und uns Liebe schenken, auch wenn sie nicht mit uns verwandt sind.

 

 

Jedes Tuch ist individuell gestaltet und auf der Rückseite ist ein weiteres Stück Stoff befestigt, auf dem die Geschichte der jeweiligen Frau erzählt wird. Ein wirkliches Geschichtsprojekt. Die Gestaltung der Tücher ist besonders. Außer einer Menge an liebevoller Stickerei gibt es auch Fragmente von alten Tüchern, die ‚gerettet‘ und weiter bearbeitet wurden. Ein Stück von einem Leinen-Handtuch, von Tischtüchern, von einer Schürze in Blau-Druck.“

Die Tücher stecken zusammen in einer alten Damenhandtasche und liegen in einem der Koffer obenauf.

Insgesamt sind wir nun bei 6468 Tüchern.